Warum haben viele Menschen Angst zu verhandeln?
Wenn man etwas nicht gelernt hat, führt dies fasst immer zu Unsicherheiten. Und wer hat denn schon richtiges Verhandeln gelernt¹? Deshalb ist es wichtig aus Ungewissheit Gewissheit zu machen und die Verhandlungstechniken ständig zu üben.
Vielen Menschen ist es auch peinlich oder unangenehm, nachzufragen um einen besseren Preis oder eine umfassendere Dienstleistung zu erhalten. Dies ist vollkommen nachvollziehbar, in einem beruflichen Umfeld allerdings mit sehr schwerwiegenden Folgen für das Unternehmen und die eigene Karriere. Wenn dies trotz Trainings eine hohe Hürde bildet, sollte man lieber nicht alleine in eine Verhandlung gehen.
Ganz sicherlich spielen hier auch psychologische Grundbedürfnisse ² eine Rolle, z.B. der verständliche Wunsch nach guten Beziehungen. Sehr oft zeigt sich aber, dass besonders bei guten Beziehungen nur unterdurchschnittliche Verhandlungsergebnisse erreicht werden. Eine der zentralen Punkte des Harvard Konzeptes beschäftigt sich eben mit diesem Problem: Wie kann ich die Beziehung nicht gefährden, aber dennoch gleichzeitig «hart» verhandeln.
Vor allem aber sollte man sich bewusst sein, dass es ganz normal ist, vor stressigen Situationen – wie Verhandlungen es eben sind – eine gewisse Angst oder Beklemmung zu spüren. Dagegen hilft eine gewissenhafte Vorbereitung schon sehr viel, denn dadurch fühlt man sich automatisch sicherer und kompetenter.
Was macht man mit dominanten³ Verhandlungs»partnern»?
Das Wort «dominant» ist in diesem Zusammenhang nicht einfach zu definieren. Nicht jeder, der laut redet oder sich selber viel Gesprächszeit nimmt, ist ein dominanter Typ.
Wenn jemand allerdings dauernd versucht euch einzuschüchtern oder bewusst zu beleidigen, dann darf und muss man etwas dagegen tun. Das wichtigste Prinzip dabei ist, wieder eine Gleichwertigkeit herzustellen. Man kann z.B. auf gleicher Redezeit bestehen oder permanente Unterbrechungen direkt ansprechen. Es hilft auch oft, die mangelnde Effizienz anzusprechen, die ein solch dominantes Vorgehen eben mit sich bringt. Und vor allem: Cool bleiben!
In der Schweiz⁴ pflegen wir eine schöne Kompromiss-Kultur. Ist ein Kompromiss daher nicht genau das Richtige?
«Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind.» Aristide Briand (1862-1932), Politiker und Friedensnobelpreisträger
Ein Kompromiss scheint oft die beste Lösung in Verhandlungen zu sein, allerdings ist oft das Gegenteil der Fall. Denn im Endeffekt bekommt keine der beteiligten Parteien in einer Verhandlung was sie will. Natürlich ist ein Kompromiss oft die einfachste Lösung, zeigt aber eigentlich nur, dass keine effektive Verhandlung stattgefunden hat. Oft ist man mit einem Kompromiss zufrieden, weil dadurch die Beziehungsebene intakt bleibt.
Ganz sicher würde es aber bessere Verhandlungsergebnisse geben, wenn man alle Optionen und alle Interessen diskutiert und erforscht, bevor man vorschnell einen Kompromiss eingeht.
Deshalb bitte nicht immer sofort auf einen Kompromiss eingehen, oder «Never split the difference» (Chris Voss).
Quellen
1 Laut Bericht der handelszeitung 6/23 haben nur 47% der Führungskräfte in ihrer Ausbildung das Thema Verhandeln gehabt.
2 Ryan, R. M., & Deci, E. L. (2000). Self-determination theory and the facilitation of intrinsic motivation, social development, and well-being. American Psychologist, 55(1), 68-78.
3 Autoren und Modelle: French/Raven zur sozialen Macht und Bandura zur sozialen Lerntheorie
4 Quellen: z.B. Rede von Bundesrat Schneider-Amman
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-49794.html